Aufruf Windenergie

Hamburg, 25.September: Bis 2030 sollen laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung zur Erreichung der Klimaschutzziele in Deutschland 65 Prozent Erneuerbare Energien im Stromsektor erreicht sein. Auch innerhalb der EU hat man sich auf das Ziel geeinigt, einen Anteil von 32 % Erneuerbare Energien an der gesamten Energieversorgung bis 2030 EU-weit zu erreichen.
Die Energieminister/Senatoren von Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sowie die norddeutschen Wirtschaftsminister, der BWE, die AGOW, die Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE, die EEHH, EESH, WEN, WAB sowie die IG Metall Küste fordern vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klimawandels und der Bedrohung Tausender von Arbeitsplätzen die entschlossene Umsetzung der Ziele des Koalitionsvertrags.
Aufgrund der notwendigen Planungs- und Vorlaufzeiten fordern wir die Bundesregierung zur kurzfristigen Umsetzung folgender Zielvorgaben noch im Jahr 2018 auf:


1. Sonderausschreibungen zügig durchführen und Ausbaupfade definieren: Je 4 GW Windenergie an Land und Photovoltaik sowie der vorgesehene Beitrag der Windenergie auf See sind zügig umzusetzen. Die Ausbaupfade für die einzelnen Erneuerbaren Energien sind zur Erreichung des 65 %-Ziels (Anteil Erneuerbarer Energien) als überprüfbares Zeit- und Mengengerüst jetzt zu definieren. Dabei sind sowohl die zusätzlich benötigten Strommengen für weitere Sektoren (Wärme und Verkehr) als auch der ab dem Jahr 2020 verstärkt stattfindende Rückbau bzw. die Möglichkeiten zum Repowering zu berücksichtigen.


2. Windenergie an Land: Die Umsetzung des Ausbauziels von 65 % Erneuerbare Energien bis 2030 erfordert eine deutliche Anhebung des Ausbaupfades für Windenergie an Land auf mindestens 4 GW netto pro Jahr. Bei der Umsetzung ist darauf zu achten, dass neben einer angemessenen Akteursvielfalt ein kontinuierlicher jährlicher Ausbau gewährleistet wird, um die notwendige Planungssicherheit für die Industrie sicherzustellen. Um eine den Zielen entsprechende Flächenkulisse und ausreichend Wettbewerb zu ermöglichen, müssen die Prozesse im Vorfeld der Genehmigungserteilung von Windenergieanlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz beschleunigt und Hemmnisse überwunden werden. Eine Analyse der Faktoren und zur Erarbeitung von Lösungsvorschlägen haben Länder, Verbände und Firmen in der „Plattform Genehmigungssituation“ bereits mit initiiert.


3. Windenergie auf See: Auch der weitere Ausbau der Offshore Windenergie ist für die Umsetzung des Ausbauziels von 65 % Erneuerbare Energien unverzichtbar. Der längerfristige Ausbaupfad bis zum Jahr 2030 ist daher von 15 GW auf mindestens 20 GW anzuheben, bis 2035 auf mindestens 30 GW. Wir fordern eine zusätzliche Ausschreibungs-/Vergaberunde in 2019 für die noch freien Anschlusskapazitäten bzw. freien Netzkapazitäten an Land in der Größenordnung von bis zu 1,5 GW in der Nord- und Ostsee für den Anschluss weiterer, bereits genehmigter Offshore-Windparkprojekte. Für die Realisierung des von der Industrie dringend benötigten nationalen Offshore-Testfeldes muss sehr kurzfristig die Möglichkeit einer gesonderten Netzanbindung geschaffen werden.


4. Nicht realisierte Leistung nachholen: Bezuschlagte aber nicht realisierte Ausbaumengen für Windenergie an Land und auf See sowie für Photovoltaik müssen umgehend erneut ausgeschrieben werden.


5. Stromnetze sind vorrangig auszubauen und zu optimieren/modernisieren: Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat mit dem „Aktionsplan Stromnetze“ einen wichtigen Akzent gesetzt, dass die Stromnetze kurzfristig optimiert und ausgebaut und langfristig alle Möglichkeiten genutzt werden müssen, um eine Netzinfrastruktur zu schaffen, die einem künftigen, erhöhten Transportbedarf gerecht wird. Für die Zeit bis zur Fertigstellung der Netzausbauvorhaben müssen im Sinne der Akzeptanz bessere Regelungen für die Nutzung von Erneuerbarer Energie anstelle der Abregelung geschaffen werden. Die Bundesregierung ist jetzt gefragt, diese strategische Zielsetzung möglichst kurzfristig mit konkreten Maßnahmen umzusetzen, damit weitere wichtige energiewirtschaftliche und –politische Veränderungen in Angriff genommen werden können.


Die technische Entwicklung der Wind- und Sonnenenergieanlagen zeigt, welche Kostensenkungspotentiale bei den erneuerbaren Energieträgern möglich sind. Entgegen früher geäußerter Befürchtungen hat sich die EEG-Umlage stabilisiert. Es handelt sich hier im Wesentlichen um Kosten zum Erreichen der Marktfähigkeit der Erneuerbaren Energien. Im Hinblick auf die angestrebte Sektorenkopplung bedarf es einer klimafreundlichen Fortentwicklung des Steuer- und Abgabensystems mit einer angemessenen CO2-Bepreisung in den Sektoren Wärme und Verkehr.


Die Erneuerbare-Energien-Branche hat durch massive Investitionen in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine hohe Wertschöpfungstiefe in Deutschland aufgebaut,allein in der Windenergiebranche wurden ca. 160.000 (Quelle: BMWi) qualifizierte Arbeitsplätze geschaffen. Diese Leistungen müssen für die Zukunft gesichert werden. Etwa 5.000 (Quelle: Hochrechnung der IG Metall)  der Arbeitsplätze sind wegen fehlender stabiler Rahmenbedingungen und unklarer Zielsetzungen bereits verloren gegangen, oder sind akut gefährdet. Das zeigen jüngste Meldungen von Anlagenherstellern und der Zulieferindustrie.


Die Akzeptanz der Energiewende beruht nicht zuletzt auf einer Teilhabe an der Wertschöpfung, an der Teilnahme der örtlichen Bevölkerung sowie der Kommunen an konkreten Projekten sowie insbesondere an einer frühzeitigen Verfahrensbeteiligung der Bevölkerung vor Ort. Mit einer bundesweit einheitlichen Regelung sollte eine prozessorientierte Beteiligung der örtlichen Bevölkerung sowie der Kommunen ermöglicht werden.


Die Windenergie ist heute einer der bedeutendsten Wirtschafts-, Export- und Wachstumsfaktoren der Energiebranche in Deutschland. Der wichtige Erfolg in dynamisch wachsenden internationalen Märkten basiert auf einem breit getragenen, ausreichend großen und stabilen Heimatmarkt, in welchem Innovationen marktreif entwickelt und finanziert werden können. Der Heimatmarkt Deutschland ist unser Schaufenster für den erfolgreichen Export von Windenergie-Technologie!


Eine klare und verlässliche Perspektive sowie realistische und ambitionierte Ausbaupfade bis 2030 und 2050, die die aufgrund der voranschreitenden Sektorkopplung höheren Bedarfe sowie den Anlagenrück- und -umbau berücksichtigen, sind für die Sicherung der Branche am Standort Deutschland unerlässlich. Die Bundesregierung ist aufgefordert heute zu handeln, um unsere Ziele für morgen und übermorgen zu erreichen, unsere Technologieführerschaft zu erhalten und die Arbeitsplätze zu sichern.

Ronny Meyer - Staatsrat beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr (Freie Hansestadt Bremen)
Jens Kerstan - Senator für Umwelt und Energie (Freie und Hansestadt Hamburg)
Olaf Lies - Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (Niedersachsen)
Christian Pegel - Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung (Mecklenburg-Vorpommern)


Jan Philipp Albrecht - Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (Schleswig-Holstein)
Frank Horch - Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (Freie und Hansestadt Hamburg)
Prof. Dr. Martin Skiba - Vorstandsvorsitzender Arbeitsgemeinschaft Offshore-Windenergie e.V.
Hermann Albers - Bundesverband Windenergie e.V.
Jan Rispens - Geschäftsführer Erneuerbare Energien Hamburg Clusteragentur GmbH
Sascha Wiesner - Projektleitung, Firmenbetreuung, Energiepolitik EE.SH
Heiko Messerschmidt - Bezirkssekretär IG Metall Küste
Dr. Ursula Prall - Vorstandsvorsitzende Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE
Andreas Wellbrock - Geschäftsführer WAB e.V.
Andree Iffländer- Vorsitzender Wind Energy Network e.V

 

 

 

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