Stellungnahme zum Vorentwurf des BSH für den Flächenentwicklungsplan 2019 für die AWZ der Nord- und Ostsee

 

Am 25.05.2018 hat das BSH den Vorentwurf für den Flächenentwicklungsplan 2019 (im Folgenden: FEP-VE) für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone der Nord- und Ostsee bekanntgemacht. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.06.2018, die wir gerne wahrnehmen. Dabei werden die im Vorentwurf enthaltenen spezifischen Fragen (F.1 bis F.28) in einem gesonderten Dokument beantwortet.

Zusätzliche oder vertiefende Anmerkungen im Rahmen des Anhörungstermins am 27.06.2018 behalten wir uns vor und werden uns selbstverständlich auch gerne im Verlauf des weiteren Verfahrens in die Diskussion und die Weiterentwicklung einbringen.

I. Vorbemerkung

Der Vorentwurf des FEP 2019 zeigt eine gelungene und plausible Abschichtung der sehr komplexen Planungsaufgabe. Dabei sind verschiedene durchaus grundlegende Gesichtspunkte noch nicht abgearbeitet, sondern erst als Stichworte genannt. Dies ist im Stadium des Vorentwurfs auch noch nicht erforderlich bzw. bezüglich der Abwägung nicht möglich.

Der FEP-VE berücksichtigt einen Ausbauhorizont bis 2030 mit der Zielsetzung einer dann installierten Leistung von 15 GW. Dies impliziert einen Zubau von 4,2 GW in den Jahren 2026 bis 2030. Darüber hinaus nimmt der FEP-VE auch den Zeithorizont bis 2035 in den Blick, indem bereits weitere potentielle Gebiete im Sinne des WindSeeG identifiziert werden. Dieses vorausschauende Herangehen begrüßen wir ausdrücklich.

Es ist nachvollziehbar, dass der FEP-VE auf die aktuelle Rechtslage abstellt, insbesondere in Hinblick auf den in § 4 Abs. 2 EEG 2017 geregelten Ausbaupfad, der in § 17 WindSeeG noch näher detailliert wird. Doch wird die Umsetzung des Koalitionsvertrags entsprechend den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens Auswirkungen auf den gesetzlichen Ausbaupfad haben müssen. In diesem Sinne sprechen sich die Unterzeichner für einen Ausbau der Windenergie auf See von mindestens 20 GW installierter Leistung bis 2030 und 30 GW bis 2035 (sei es durch netzabhängige oder netzautarke Lösungen) sowie für eine Sonderausschreibung Offshore-Wind für zusätzlichen Zubau bereits vor 2026 aus. Es ist daher unseres Erachtens dringend geboten, eine Ausweitung des Ausbaupfads schon jetzt im FEP zu antizipieren und Aufzuzeigen, wie darauf planseitig reagiert werden könnte. Denn wenn der Ausbaupfad geändert (erweitert) wird, wird auch der FEP fortzuschreiben sein. Neben dem entsprechenden Verfahren impliziert dies auch die Voruntersuchung weiterer Flächen. Beides ist zeitaufwendig und verzögert die tatsächliche Wirksamkeit eines ausgeweiteten Ausbaupfads. Daher sollte – gewissermaßen als zu ziehende Option im Falle entsprechender gesetzlicher Änderungen – ein entsprechendes Szenario im FEP bereitgestellt werden.

Dies gilt gerade auch angesichts der Ankündigung der Bundesregierung, den Szenariorahmen für eine Zielsetzung von 65% Erneuerbarer Energien überprüfen zu wollen. Darüber hinaus sollte auch schon der für 2050 erforderliche Ausbau aufgezeigt werden,¹ der ein Vielfaches beträgt.

Von grundlegender Bedeutung ist außerdem die Frage des Flächenzuschnitts und der dort zu errichtenden Erzeugungskapazität: Windenergieanlagen laufen nur eher selten unter Volllastbedingungen. Gleichzeitig gewährt ein Zuschlag gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 2 und 3, dabei Nr. 3 i. V. m. § 3 Nr. 8 WindSeeG einen Anspruch auf Marktprämie und Netz-
anbindungskapazität bis zu einer bestimmten Leistung für die Übertragung von elektrischer Energie. Bislang wurden Zulassungen für WEA mit einer Gesamtnennleistung ausgesprochen, die direkt deckungsgleich sind mit der Kapazität der Offshore-Anbindungsleitung. Aufgrund des Lastprofils eines Windparks werden diese Leitungen mitnichten voll ausgenutzt. Sowohl aus Kostengründen als auch wegen des knappen Raums, der für Kabelsysteme (im Küstenmeer und landseitig) verfügbar ist, sollte hier zukünftig eine bessere Auslastung der Offshore-Anbindungsleitungen herbeigeführt werden. Eben wegen des Lastprofils kann dies nur gelingen, wenn erzeugungsseitig mehr Nennleistung installiert wird als aufgrund des Zuschlags einspeisbar ist, denn nur dann kann – jedenfalls in der Regel – auch die volle bezuschlagte Menge eingespeist werden. Die Flächen müssen also so groß sein, dass mehr Erzeugungsnennleistung errichtet werden kann als das Anbindungssystem „Nennkapazität“ hat.² In Hinblick auf das sog. 2K-Kriterium bestehen hier durchaus noch Spielräume, wie neuere Untersuchungen und durchgeführte Messungen zeigen. Dieses Thema wird auf jeden Fall weiterverfolgt werden müssen.

Die unterzeichnenden Verbände werden sich in der nahen Zukunft hiermit befassen und Ideen und Erkenntnisse einbringen. Wir sehen aber auch eine Verantwortung des BSH, der BNetzA und der ÜNB zur Auseinandersetzung.

Darüber hinaus konterkarieren eher kleine Flächenzuschnitte die Erwartung weiterer Kostensenkungen bzw. marktfähiger Projekte. Einer der identifizierten Treiber der Null-Cent-Gebote im Übergansmodell waren Synergien aus Parkgrößen um die 900 MW. Allerdings ist die für die Wirtschaftlichkeit eines Projekts erforderliche Größe stark abhängig von Umständen, die kaum verallgemeinerbar sind. 

 

II. Im Einzelnen

Zu Ziffer 1.1 (S. 1): Das Zentrale Modell

Im letzten Absatz dieses Abschnitts heißt es, der Bedarf an Offshore-Anbindungsleitungen werde auf der Basis von Festlegungen des FEP im landseitigen NEP ermittelt. Dies erschließt sich nicht. Der Bedarf ergibt sich u. E. aus dem Ausbaupfad; die Kausalität muss also umgedreht werden.

Ziffer 2.3 (S. 7): Ausschreibung

Die BNetzA wird nach geltendem Recht nicht mehr einen Zuschlag auf das niedrigste Gebot erteilen können, da der Höchstwert für die Ausschreibung in 2021 gem. § 22 Abs. 1 WindSeeG bei 0 Ct/kWh liegt. Wir gehen davon aus, dass bis zur Veröffentlichung des FEP Mitte 2019 ein neuer Differenzierungsmechanismus etabliert wurde; der Text wäre dann entsprechend anzupassen. Die unterzeichnenden Verbände und die dort organisierten Unternehmen befassen sich bereits mit Vorschlägen dazu. Es bedarf hier objektivierbarer und rechtssicherer Kriterien.

Ziffer 3.2 (S. 16): Gesetzlicher Ausbaupfad

Siehe bereits Vorbemerkung. Der FEP sollte eine grobe Abschätzung zusätzlicher Flächen und Anbindungssysteme enthalten, die erforderlich wären, wenn die Vereinbarungen aus der Koalitionsvereinbarung eine Steigerung des Offshore-Ausbaus auf (z. B.) 20 GW in 2030 zur Folge hätten.

Ziffer 4 (und 8) (S. 17): Leitlinien und Grundsätze

Unter Ziffer 4 wird eine Abwägung der Planungsgrundsätze mit den Grundsätzen und Zielen der Raumordnung in Aussicht gestellt. Da diese Abwägung noch nicht stattgefunden hat (bzw. bislang noch nicht dokumentiert ist), ist uns eine Stellungnahme noch nicht möglich.

Ziffer 4.2.1.1 (S. 18 ff.): Verbindungen zwischen Konverterplattformen und Offshore-Windparks

Wir verweisen insoweit auf unsere Antworten im Fragenkatalog (Anhang).

Ziffer 4.2.2 (S. 21 f.): Standardkonzept Ostsee Drehstrom

Der FEP-VE unterstellt eine geringe Windparkleistung in der deutschen AWZ der Ostsee, die keine HGÜ-Systeme erfordere. Dies erscheint uns voreilig. Der FEP sollte jedenfalls die Möglichkeit der Verwendung eines anderen Anbindungskonzepts enthalten, damit im Bedarfsfall kein planwidriges Vorgehen entsteht.

Ziffer 4.4.2. (S. 23): Plattformen

Die Planungsgrundsätze sollten die unterschiedlichen Netzanbindungskonzepte und Bedingungen von Nord- und Ostseeberücksichtigen und Spielraum für projektspezifische Erfordernisse lassen.

Eine Erreichbarkeit mit Helikoptern für jegliche Arten von Plattformen ist sicherlich nicht immer erforderlich.

Ziffer 4.4.3 (S. 23): Seekabelsysteme

Die vorgesehenen Planungsgrundsätze sind bislang erst in Stichworten aufgeführt, so  dass noch keine detaillierte Stellungnahme möglich ist. Das „Gebot, Windparks an den Konverter, der für das Gebiet vorgesehen ist, anzuschließen“, soll dennoch schon jetzt erwähnt werden: Bekanntlich wird vermehrt eine Stromerzeugung auf See ohne Netzanbindung für die Zukunft diskutiert. Ein solches Gebot/ein solcher Planungsgrundsatz müsste also entsprechend differenzierend und technologieoffen formuliert werden, um diese Entwicklung nicht „auszubremsen“.

Ziffer 4.6 (S. 24): Planungshorizont

Wie bereits erwähnt scheint es uns erforderlich, den FEP schon jetzt auf eine eventuelle Ausweitung des Ausbaupfads einzustellen. Dafür bietet insbesondere die Zone 3 bereits ausreichend Potential, wobei es hierdurch zu keinen Nutzungskonflikten mit beantragten oder tatsächlichen Nutzungen, unabhängig von ihrer Technologie und/oder Netzanbindungskonzepten kommen darf und für einen verbreiterten Ausbaupfad noch weitere Gebiete in Nord- und Ostsee aufgenommen werden müssten. Je nach Rechtsentwicklung wären Flächenvoruntersuchungen vorzuziehen. Dies dürfte aus heutiger Sicht ohne neuen Zeitdruck durchführbar sein. Im weiteren Verfahren zur Aufstellung des FEP könnten und sollten dann auch erste Aussagen im Hinblick auf die neu eingeführten „Energiegewinnungsbereiche“ enthalten sein, falls der entsprechende Gesetzgebungsprozess hinreichend verfestigt ist.

Wir begrüßen das Aufzeigen einer Perspektive auch für die Entwicklung über 2030 hinaus.

Ziffer 4.7 (S. 25 ff.): Bestimmung der voraussichtlich zu installierenden Leistung

Wir verweisen zum einen auf die Antworten im Fragenkatalog (s. Anhang).

Auffällig sind die starken Schwankungen der Leistungsdichte in der Tabelle 7 (S. 50 FEP-VE). Sie scheinen maßgeblich im Hinblick auf die Kapazität des jeweiligen künftigen Netzanbindungssystems gemacht worden zu sein. Bei kleinen Flächen, beispielsweise N-6.7, wurde die Leistungsdichte hoch angesetzt, um den Bedarf an Konverterkapazität hoch auszufüllen. Mal wurde sie geringer angesetzt, um künftige Netzanbindungssysteme von bis zu 1.200 MW nicht zu überlasten bzw. überdimensionieren. Die Begründung ist aber uneinheitlich (individuelle Festlegung unter Berücksichtigung der verfügbaren Konverterkapazität vs. betriebswirtschaftlicher Gründe/Abschattungseffekte). Diese Herangehensweise überzeugt – vorbehaltlich einer Erläuterung – derzeit nicht, sondern ist intransparent.

In Abb. 7 scheint ein falscher Sektor als „doppelt“ markiert worden zu sein.

Ziffer 4.7.5 (S. 31): Bestimmung der voraussichtlich zu installierenden Leistung in Zone 3

Im zweiten Absatz dieses Abschnitts heißt es, die Flächen in den Gebieten N-9 bis N-13 zeichneten sich dadurch aus, dass es sich um große zusammenhängende Flächen handle. Da hier (mit Ausnahme von Gebiet N-9) aber noch keine Flächen definiert werden, weiß man dies noch gar nicht. Wir regen an, hier von großen zusammenhängenden „Gebieten“ zu sprechen (auf denen entsprechende Flächen möglich wären).

Die unterschiedliche Bestimmung der maßgeblichen Leistungsdichte in Zonen 1/2 bzw. 3 überzeugt nicht. Unabhängig vom Zuschnitt der Einzelflächen haben die neu festzulegenden Gebiete ähnliche Gesamtflächen. Eine geringere Dichte ergibt daher wenig Sinn.

Nähere Ausführungen dazu im Anhang.

Ziffer 4.8.1 (S. 32): Beschreibung der anzuwendenden Kriterien

Gegen die Priorisierung einer Ausnutzung vorhandener Netzanbindungskapazitäten ist nichts einzuwenden. Die Inbezugnahme von § 5 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 WindSeeG scheint allerdings fehlerhaft, gemeint sein dürfte Abs. 4.. Eine für Pilotwindenergieanlagen geltende Vorschrift ist u.E. jedenfalls unpassend, als zentrale Grundlage für die Strukturierung des Ausbaus kommerzieller Windparks zu fungieren, auch wenn das Prinzip passen würde.

Ziffer 4.8.2.1 (S. 33): Kriterium 1: Effiziente Nutzung der Anbindungsleitungen mit Inbetriebnahme bis Ende 2025

Die Anwendung des Kriteriums 1 auf das NAS NOR-3-3 ist in Hinblick auf den derzeit be-
stehenden Ausbaupfad in Ordnung.

Ziffer 4.8.2.2 (S. 33): Kriterium 2: Effiziente Nutzung der Anbindungsleitungen mit Inbetriebnahme ab 2026

Wir weisen hier auf unsere Ausführungen in der Vorbemerkung hin.

Ziffer 4.8.2.3 (S. 34): Kriterium 3: Küstennähe

Im letzten Absatz dieses Abschnitts heißt es, es könnten auch Trassenlängen und Kreuzungen Berücksichtigung finden. Bezüglich der Trassenlänge ist dies ein Widerspruch zu den Ausführungen vorher. Eine Differenzierung nach der Trassenlänge, die sich wegen Änderungen im Zuge der konkreten Planung durchaus zufällig entwickeln kann, soll doch
durch die Typisierung nach Entfernungszonen gerade vermieden werden. Auch Kreuzungen sind u. E. hier kein sinnvoller Gesichtspunkt, da zukünftig vermehrt jedes Kabel andere wird kreuzen müssen und es damit eine Frage von „kreuzen“ oder „gekreuzt werden“ ist.

Ziffer 4.8.2.4 (S. 35): Kriterium 4: Nutzungskonflikte auf einer Fläche

Nach welchen Gesichtspunkten werden Nutzungskonflikte ggf. aufgelöst? Unter welchen Umständen tritt die Windnutzung hinter den anderen potentiell konfligierenden Nutzungen zurück, wann wird ihr Vorrang eingeräumt? Gibt es im Falle einer Zurückstellung Überprüfungsmechanismen hinsichtlich der weiteren Entwicklung des (zunächst) überwiegenden konkurrierenden Belangs?

Unseres Erachtens ist der Energieerzeugung auch in Hinblick auf das öffentliche Interesse der Versorgungssicherheit ein gewisses Primat einzuräumen, da dies Grundlage jeder Volkswirtschaft ist. Dies wäre hier festzuschreiben.

Ziffer 4.8.2.5 (S. 35): Kriterium 5: Tatsächliche Bebaubarkeit einer Fläche

Die Anwendung dieses Kriteriums – in der im FEP-VE beispielhaft vorgenommenen Auslegung – könnte zu einer starken Vernachlässigung der Ostsee führen und damit die vom Gesetz angestrebte ausgewogene Verteilung zwischen Nord- und Ostsee ad absurdum führen. In der Ostsee wurden verschiedene Windparks und Netzanbindungen erfolgreich errichtet. Für einen Ausschluss von Flächen von der Bebaubarkeit bedarf es daher einer sehr guten und flächenspezifischen Begründung, um das Ausbaupotential nicht über Gebühr zu beschneiden. Da in dem Abschnitt auf den „heutigen Stand der Technik“ abgestellt wird, ist es u.E. überdies nicht begründbar, eine Fläche „dauerhaft“ zurückzustellen. Wenn eine Zurückstellung erfolgt, dann muss dies mit jährlichen „Widervorlagen“ zur Überprüfung des aktuellen Stands der Technik, auch unter Berücksichtigung internationaler Erfahrungen, gekoppelt werden.

Ziffer 4.8.2.6 (S. 35): Kriterium 6: Voraussichtlich zu installierende Leistung

Dazu Ausführungen im Anhang.

Wir verweisen auch hier auf unsere einleitende Bemerkung zur vollen Nutzung der bezu-
schlagten Kapazität und der bestehenden bzw. zu errichtenden Netzanbindungskapazi-
tät.

Ziffer 4.8.2.7 (S. 35): Kriterium 7: Ausgewogene Verteilung zwischen Nord- und Ostsee

Das Kriterium ergibt sich zwar aus dem Gesetz, scheint im derzeitigen FEP-VE aber doch sehr in den Hintergrund geraten.

Ziffer 4.8.2.8 (S. 35 f.): Ergänzendes Kriterium im Küstenmeer: Tatsächliche Verfügbarkeit

Eine Veränderung in den tatsächlichen Umständen wäre im Rahmen der FEP-Fortschreibungen zu berücksichtigen, wobei dies von den entsprechenden Ländern einzubringen sein dürfte.

Ziffer 5.1 (S. 37 ff.): Festlegung von Gebieten

Der FEP-VE identifiziert verschiedene Gebiete, die nach derzeitigem Stand bereits über den Planungshorizont 2030 hinausgehen. Wir begrüßen dies.

Der BFO-N-Cluster 5 bzw. ein mögliches Gebiet N-5 wird an verschiedenen Stellen in Frage gestellt; dem BSH lägen Hinweise auf Nutzungskonflikte vor, die eine Festlegung von Cluster 5 als Gebiet N-5 grundsätzlich in Frage stellten.

Da uns, außer dem verhaltenen Hinweis auf Belange des Vogelschutzes, noch keine genauen Gründe vorliegen, können wir insoweit nicht zur Berechtigung dieser Bedenken Stellung nehmen.

Konkret bekannt sind einige Monitoringergebnisse, nach denen Seetaucher zwar einen größeren Abstand zu OWPs halten als dies angenommen worden war. Ein negativer Trend im Gesamtbestand der Seetaucherpopulation ist nach unserer Kenntnis damit aber nicht verbunden. Vielmehr steht zu erwarten, dass ausreichend Ausweichhabitate zur Verfügung stehen und genutzt werden. Auch das in 17 km Entfernung liegende Vogelschutzgebiet Östliche Deutsche Bucht wird nicht negativ beeinflusst. Dies gilt auch für die Verwendung einer Fläche N-5.4 für die Windenergienutzung, die somit verfügbar
gemacht werden könnte.

Unabhängig von der Ausweisung einer weiteren Fläche halten wir es für geboten, auch den gesamten Cluster 5 als Gebiet i. S. d. WindSeeG festzulegen. Dort sind bereits drei Windparks errichtet und in Betrieb und werden dies noch für anderthalb Jahrzehnte sein. Gemäß § 7 Nr. 1 WindSeeG werden die Festlegungen des BFO durch den FEP abgelöst. Diese existierenden Projekte hätten dann keine planerisch abgesicherte Position mehr. Die Festlegung jetzt – für die Dauer des Bestands dieser Projekte – zwingt weder dazu, diese Gebiete auf Dauer beizubehalten noch dazu, auf ihnen Flächen auszuweisen. Insoweit können auch die naturschutzfachlichen Entwicklungen, die sich im Zuge des Betriebs dieser Projekte zeigen mögen, beizeiten berücksichtigt werden.

Im Übrigen gilt der Hinweis zur Priorisierung von Nutzungen unter Ziffer 4.8.2.4.

Ziffer 5.2.1 (S. 40 ff.): Festlegung von Flächen (allgemein)

Der Flächenzuschnitt muss die Wahrung der bestehenden Eintrittsrechte gewährleisten (§ 40 Abs. 2 WindSeeG). Dies ist von fundamentaler Bedeutung. Andernfalls würde der „Entschädigungscharakter“ des Eintrittsrechts entleert; das wäre nicht akzeptabel.

Die vorgesehene Fläche N-6.7 überrascht sowohl bezüglich ihrer Lage als auch ihrer überproportionalen Leistungsdichte von 20 MW/km2. Eine wegen der Ausrichtung dieser Fläche eventuell sehr hohe Windausbeute würde gleichzeitig die Stromerzeugung in den nachgelagerten OWPs verringern und damit insgesamt eher zu Ineffizienz denn zu Effizienz führen.


Ferner ist hinsichtlich der getroffenen Festlegungen für das neue Gebiet N-9, welches außerhalb der vormaligen Cluster 1 bis 8 in der Nordsee liegt, nicht hinreichend dargelegt, dass die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 5 Abs. 3 Nr. 5 b) WindSeeG für eine Ausweitung über die Cluster 1 bis 8 hinaus überhaupt vorliegen.

Im Übrigen verweisen wir auf den Fragenkatalog sowie auf unsere Vorbemerkung bezüglich der Größe der Flächen, der installierbaren Nennleistung und der Auslastung der Netzanbindungssysteme.

Ziffer 5.2.2 (S. 48 ff.): Maßgebliche Kriterien für die Entscheidung der Flächenfestlegungen

Es erschließt sich nicht, weshalb in der Ostsee zwar Gebiete festgelegt werden, die per definitionem für die Errichtung von Windenergieanlagen auf See vorgesehen sind, dann aber dort keine Flächen zur Ausschreibung bis 2030 vorgesehen werden. Dies steht in Widerspruch zum gesetzlichen Auftrag, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Nutzung der verfügbaren Fläche in Nord- und Ostsee herzustellen. Allein die Ausweisung als Fläche bringt noch keine Pflicht, die Fläche direkt zur Ausschreibung zu bringen.

Dem FEP-VE sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die für alle Gebiete in der Ostsee genannten Nutzungskonflikte als aufgelöst angesehen werden könnten, so dass letztlich die Gebiete auch im Sinne ihrer Definition nutzbar würden. Ob der Betrieb eines kleinteiligen Windparks wirtschaftlich ist, wäre den Bietern zu überlassen. Es sollte jedenfalls ein „Untersuchungspfad“ bzgl. der näheren Betrachtung und ggf. anderen Bewertung der Nutzungskonflikte aufgezeigt werden sowie dargestellt werden, dass das Thema Bebaubarkeit weiter beobachtet wird. Wir weisen auch hier darauf hin, dass die Energieerzeugung u.E. zu priorisieren ist. Riffstrukturen sind aussparbar, wie sich in bereits bestehenden Projekten in der Ostsee gezeigt hat.

Der Fußnote zu Tabelle 6 fehlt die Entsprechung im Text.

Ziffer 5.3 (S. 50) Voraussichtlich zu installierende Leistung

Vgl. hierzu unsere Ausführungen im Fragenkatalog.

Ziffer 5.9 (S. 57) Kalenderjahre der Inbetriebnahme für WEAs und Anbindungssysteme

Die Summe der voraussichtlich zu installierenden Leistung bis Ende 2030 ergibt nur 4,1 statt 4,2 GW, wie sich aus Tabelle 9 ergibt. Damit verfehlt der Plan seinen Auftrag, den Ausbaupfad einzuhalten, um 100 MW. Es besteht Nachbesserungsbedarf.

Die Summe der in 2030 (nach Plan) verfügbaren Netzanbindungskapazität hingegen liegt bei 4,7 GW, zzgl. der auf NOR-3-3 noch verfügbaren Kapazität. Wenn NOR.9.1 in 2030 betriebsbereit sein soll, dann könnte dort auch Erzeugungspotential ausgeschrieben werden. Ein Splitten der Jahre, in dem diese Erzeugungskapazität in Betrieb genommen werden kann, scheint möglich, vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 1 WindSeeG.


Nicht nachvollziehbar ist ferner die unterschiedliche Kapazität der Netzanbindungssysteme in der Nordsee (900, 1.100, 1.200n MW, vgl. Tab. 10 FEP-VE).

Auf unsere Vorbemerkung bezüglich des Antizipierens weiterer Netzanbindungen wegen eines erweiterten Ausbaupfads weisen wir auch hier hin.

Ziffer 5.10 (S. 58): Trassen und Trassenkorridore für grenzüberschreitende Stromleitungen

Die räumliche Sicherung grenzüberschreitender Stromleitungen halten wir für zwingend erforderlich. Dabei sollten jedoch nicht nur Interkonnektoren berücksichtigt werden, sondern auch die grenzüberschreitende Anbindung von Offshore-Windparks sollte erwogen werden. Perspektivisch – nach 2030 – sind auch weitere Optionen von vermaschten oder hybriden Offshore-Netzen denkbar, wie sie etwa im EU-Projekt PROMOtioN oder in der Support Group 2 im Rahmen der Energiekooperation der Nordseestation (North Seas Energy Cooperation) diskutiert werden.

Ziffer 6 (S. 60): Festlegungen für Pilotwindenergieanlagen

Im FEP-VE wird darauf hingewiesen, dass eine Flächenvoruntersuchung für Pilotwindenergieanlagen nicht stattfinde. Die entsprechenden Flächen liegen allerdings sämtlich im Bereich bereits untersuchter Gebiete oder Flächen bzw. in direkter Nachbarschaft zu bereits zugelassenen Projekten; dies liegt an den Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 und 2 WindSeeG.

Wir gehen davon aus, dass vorhandene Informationen zur Eignung der Fläche durch das BSH zur Verfügung gestellt/zugänglich gemacht werden, um die Antragstellung zu erleichtern und ggf. auch Daten nutzen zu können.

Ziffer 6.1 (S. 60): Verfügbare Netzanbindungskapazitäten für PWEA

Aus dem Text – insbesondere der Fußnote zu Tabelle 11 – sollte klarer hervorgehen, dass hier Kapazitäten dargestellt werden, die über bereits an einen OWP bezuschlagte/zugewiesene Kapazitäten hinausgehen (§ 70 Abs. 2 WindSeeG). Im Rahmen bestehender Zuweisungen werden die im FEP-VE vorgesehenen Flächen und die dargestellten Netzanbindungskapazitäten nicht genutzt (vgl. § 70 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WindSeeG).

Ziffer 6.2 (S. 61): Räumliche Vorgaben für PWEA

Nach Unterpunkt 3 der zusammenfassenden Vorgaben sollen PWEA räumlich in ein bestehendes OWP-Vorhaben integriert werden.

Wir verstehen dies als Vorgabe, PWEAs im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit bestehenden bzw. zugelassenen OWPs zu errichten und nicht als Integration innerhalb eines bestehenden/zugelassenen Projekts. Eine derartige „buchstäbliche“ Integration dürfte aus tatsächlichen Gründen nur selten gelingen, da die Lay-outs dieser OWPs
optimal geplant und umgesetzt wurden. Eine „buchstäbliche“ Integration dürfte daher in der Regel über § 70 Abs. 1 Nr. 1 und 2 WindSeeG abgewickelt werden.

Die Flächenausweisungen auf Grundlage von § 5 Abs. 2 WindSeeG hingegen zielt auf die Umsetzung von PWEA-Vorhaben nach § 70 Abs. 2 WindSeeG und setzt die Festlegung zusätzlicher Flächen voraus.

Auch wenn insoweit keine Flächenvoruntersuchung stattfindet, gehen wir davon aus, dass die Festlegung solcher zusätzlichen Flächen nach einer Prüfung stattgefunden hat, die eine Vereinbarkeit mit den in § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 und Nrn. 3 – 5 WindSeeG genannten Kriterien erwarten lassen.

Ziffer. 6.3 (S. 61): Technische Gegebenheiten für PWEA

Unterpunkt 1 der zusammenfassenden Vorgaben unterstellt die strikte Notwendigkeit, Strom aus PWEA „klassisch“ über ein Umspannwerk abführen zu müssen. Dies trifft nicht zu. Vielmehr könnte es gerade Gegenstand einer Innovation sein, auf diesen Zwischenschritt zu verzichten, oder ein alternatives technisches Konzept hätte sich bereits durchgesetzt. Die Übernahme eventueller Zusatzkosten sowohl für eine eigene AC-Anbindung an einen Konverter als auch für gegebenenfalls auf einem Konverter erforderliche Nachrüstungen wäre noch zu diskutieren. Dies ist jedoch kein Gesichtspunkt, der im FEP festgelegt werden müsste. Letzteres gilt auch für die Unterpunkte 2 und 3 der Zusammenfassung. U. E. wären dies im Planfeststellungsverfahren der PWEA zu berücksichtigende Sachentscheidungsvoraussetzungen, aber keine „technischen Gegebenheiten“, die Gegenstand des FEP sein müssen (sein können).

15. Juni 2018

 

Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier zum Download.

Die Anlage zur Stellungnahme, den Fragenkatalog im Rahmen der Konsultation des BSH-Vorentwurfs eines Flächenentwicklungsplans 2019, finden Sie hier zum Download.

 

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Gez.:

 Uwe Knickrehm, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Offshore-Windenergie e.V. (AGOW)

 Dr. Ursula Prall, Vorstandsvorsitzende der Stiftung OFFSHORE WINDENERGIE

 Dr. Wolfgang von Geldern, Vorsitzender des Wirtschaftsverbands Windkraftwerke e.V. (WVW)

 Andrée Iffländer, Vorsitzender des Wind Energy Network e.V. (WEN)

 Jan Rispens, Geschäftsführer Erneuerbare Energien Hamburg Clusteragentur GmbH (EEHH)

 Andreas Wellbrock, Geschäftsführer der Windenergie-Agentur WAB e.V.

 Sascha Wiesner, Geschäftsführer der windcomm Schleswig-Holstein e.V.

 Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems

 Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie e.V. (BWE)

 

¹ Siehe dazu auch die Zubauszenarien welche sich der gemeinsamen Studie von BWE und INES
https://www.wind-energie.de/presse/pressemitteilungen/2017/erneuerbare-gase-ein-systemupdate-der-energiewende (ab Seite 85) ergeben.

² Dabei besteht der Anspruch auf Netzzugang jederzeit nur bis zur zugewiesenen Kapazität, vgl. § 3 Nr. 8 WindSeeG.

 

Ansprechpartner:

Tim Bruns

Arbeitsgemeinschaft Offshore-Windenergie e.V.

Schiffbauerdamm 19

10117 Berlin

tim.bruns@agow.eu

 

Dr. Ursula Prall

Stiftung OFFSHORE WINDENERGIE

Kaiser-Wilhelm-Straße 93

20355 Hamburg

u.prall@offshore-stiftung.de

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